Zeitgeschenke, Überfahrt Tunesien – Menorca

Ich beginne extremst ausgeruht meine Wache. Ein wunderbares Geburtstagsgeschenk! Es fühlt sich alles ganz leicht an, mein Körper zeigt keine Widerstände gegen das Aufstehen. Lenni hat mir 15 x eine Stunde Schlaf geschenkt❣ Und so sitze ich hier und grinse …

Der Flachwasseralarm schlägt an und in meiner Vorstellung sehe ich Großfisch unter dem Boot. Das Mittelmeer ist hier immerhin 2.000 m tief. Die Sonne ist gerade aufgegangen, die Luft ist noch angenehm kühl.

Die ersten 1000 Seemeilen

Im Zusammenhang mit unserer Reise werde ich immer wieder nach der gewonnenen Freiheit gefragt. Ich denke, sie wurde uns nicht geschenkt. Aber wie fühlt sie sich an? Glück scheint mir vertrauter zu sein. Es stellt sich hormonell, körperchemisch ein. Aber Freiheit? Der Wachdienst schenkt mir zumindest jetzt die Möglichkeit darüber nachzudenken.

Bedeutet Freiheit von allen Verpflichtungen befreit zu sein? Oder was? Habe ich mich nicht immer frei gefühlt? Als Kind sagte ich: „Ich will, was ich will.“ Später war ich mir da nicht mehr so sicher.

Freiheit hat für mich etwas mit Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu tun. Und ja, hier mit Familie an Bord zu sein, hat sehr viel damit zu tun, aber mindestens genauso wichtig war das Loslassen von all den geliebten Umgebungen, Gewohnheiten und Beziehungen.

Der Hauptgewinn hier an Bord, ist Zeit füreinander und gemeinsames Erleben. Und Zeit zu haben für das, was gerade ist, fühlt sich am ehesten nach Freiheit an. Frei vom Alltag. Der oft zu vollgepackt, meine Bedürfnisse untergräbt.

Der Alltag an Bord – ohne Spül- und Waschmaschine, mit den Fragen des Einkaufs und der Müllentsorgung, der Reglementierung an Wasser und Strom, dazu meistens ohne Internet hat wenig Komfort im üblichen Sinn. Ich sage jetzt nicht, dass weniger Komfort unabhängiger macht, aber ich habe die gewohnte Struktur verlassen und durch das Ungewohnte wieder mehr Spielräume. Ich habe die Freiheit mich hier im Bordalltag zu verlieren oder aber auf Entdeckungsreise zu gehen und/oder etwas für mich zu tun. An jedem Tag bestimme ich, wie ich die Zeit nutze. Das ist für mich ungewohnt viel Freiheit für selbstbestimmtes Tun oder Nixtun.

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