Es sieht so aus als würden wir bald über den Atlantik segeln.
Wir haben seit an Beginn der Reise über viele Reiserouten und Möglichkeiten der Reisegestaltung nachgedacht. Dass wir uns jetzt über den Ozean wagen, war ein Prozess. Zu diesem Prozess gehört auch Ennos Wunsch, diese Etappe auszulassen, und uns erst wieder in der Karibik zu treffen und gemeinsam Weihnachten zu feiern.
Die Vorstellung über Wochen kein Land zu sehen fällt mir nicht leicht und bewegt sich zwischen blauer Langeweile, dem Erwarten der Ankunft und im schlimmsten Fall einem Traumbild, welches ich vor der Reise ‚genießen‘ durfte, und welches einen viele Meter hohen Bug eines Containerschiffes über uns zeigte.
Der Wunsch, über den Atlantik zu segeln wird genährt von den vielen Seglern in unserer Nähe, früher oder später gehen sie alle (Ausnahmen bestätigen die Regel). Aus der intensiven Zeit der Vorbereitung ist mittlerweile eine tolle Gemeinschaft erwachsen. Wir feiern gemeinsam Halloween, teilen Nöte und Ängste, sensibilisieren unsere Gaumen auf DAS Getränk in der Karibik und helfen uns mit Diesem und Jenem. Ein gutes Gefühl!
Dabei waren die letzten Tage gar nicht so gut. Beim Umlegen im Hafen von Arrecife haben wir uns eine ziemliche Schramme geholt. Der Anker eines benachbarten Bootes kratzte nicht nur entlang unserer Bootswand, sondern leider auch an unserem Selbstbewußtsein als Segler mit bevorstehender Atlantiküberquerung. Über mehrere Tage grollte mein Magen, aber ein Abenteuer ohne Schrammen????
Letztendlich eine Frage des Fehlermangements, oder???
Dazu hatte Clife, der unser Rigg mitt einem neuen Auslass für den Drachen ausstatten sollte, einen Arbeitsunfall. Somit ziehen wir unverrichteter Dinge weiter. Da mittlerweile schon ein kräftiger Wind bläst, bin ich schon Stunden vor dem Ableger nervös und habe ein mulmiges Gefühl. Wir gehen gemeinsam wiederholt die einzelnen Schritte durch, um alle auftretenden Kräfte durch Strömung und 25 Knoten Gegenwind im Blick zu behalten und es gelingt uns wieder ein bilderbuchmäßiges Hafenmanöver.
Unser Törn führt uns in den Süden von Lanzeroti nach Rubicon am Playa Blanca. Das Ankern vor der Hafeneinfahrt wird leider für Lenni bzw. seiner Brille zum Verhängnis. Beim Kontrollieren der Ankerlage, geht wie gewohnt der Blick nach unten und eine kräftige Bö schnappt sich die Brille, lädt sie davonsegeln und im Wasser abtreiben. Letzte Rettungsversuche durch Martin und Lenni bleiben erfolglos.
Wir haben vor der Abreise immer wieder über die Versorgung der Hörgeräte nachgedacht, da diese unterwegs nicht wiederzubeschaffen sind und dabei leider die Brille aus dem Blick verloren. Nun sitzt Lenni beim abendlichen Spielen vor uns mit Sonnenbrille und Pokerface.
Unser lieber Bootsnachbar Raphael von ‚Wildest Dream‘ versucht am Morgen Tauchequipment zu organisieren, Diveshops verleihen nichts außerhalb ihrer Exkursionen, doch andere Segler erfahren von dem Malheur und stellen uns ihr Equipment zur Verfügung. Ich mache mir keine großen Hoffnungen, schließlich hat das Brillengestell die Farbe des hiesigen Untergrunds, eine Camouflage aus braun, hell- und dunkelgrün.
Die Lage der Brille ist mit einem Schwojenradius von 40 m alles andere als eindeutig, zumal wir unser Boot verlegen mussten, da es in einem Gebiet für Jetskifahrer lag. Eine kleine Ankerboje wird ebenfalls von den Betreibern entfernt, sodass die Orientierung unter Wasser nicht mehr gegeben ist. Mittlerweile bin ich auch schon 2 x unverrichteter Dinge im Wasser gewesen, einmal verhindert durch Jetskifahrer einmal durch Flaschenverlust. Ich lerne von Raphael ‚three Times is a charm‘ und lasse mich erneut ins Wasser plumpsen. Nach dem Abtauchen bin ich leider völlig desorientiert, die Sicht ist so schlecht, dass ich weder Boote noch Bojen sehe. Doch von oben wird mir durch laute Delphinimitationen die Richtung gezeigt und werde jetzt von Lenni und Raphael geführt. Ich beginne also die Suche nach der Nadel im Heuhaufen und genieße auch die Unterwasserwelt. Das Suchbild wird mir immer vertrauter, begrüße einige Fische und eine wunderschöne Seespinne. Völlig unerwartet (es sind bereits 20 min vergangen und Lennis Kälteakzeptanz aufgebraucht) nehme ich das ‚eins ist anders als alle anderen‘ tatsächlich wahr. Ich kann es kaum glauben, tatsächlich liegt Lennis Brille unbeschädigt auf einem Stein. Den Rest des Tages grinsen wir freudig und veranstalten am folgenden Tag mit allen Beteiligten ein Brillen- und Abschiedsfest. An dieser Stelle ein großes ‚Thank you‘ an Raphael für sein Management und seine Zuversicht.
Ja, und jetzt heißt es auch Abschied nehmen von Lanzeroti. Wir werden mit Starkwind nach Teneriffa ‚fliegen‘ und hoffentlich einen Rigger treffen, der uns einen neuen Auslass für den Drachen am Mast montiert.
Was für eine Geschichte. Ist ja wirklich irre. Tomo sucht übrigens schon eine Woche seine Brille in der eigenen Wohnung. Da muss man wohl mal Profis wie Euch ranlassen.
Also nieieie aufgeben, gibt immer nen Weg. Viel Glück auf der nächsten Route!
Niki
….großartige Schatzsuche mit erfolgreichem Ausgang! Da ist der Atlantik doch ein Klacks!
Fette Umarmung aus good old Berlin
Marc & Angelique
Liebe Familie,
das Abenteuer mit der doch wiedergefundenen Brille ist ja fast unglaublich.
Übrigens es gibt ganz lustige Besfestigungsgeräte für Brillen, die ich aus meiner Surferzeit
als sehr wirkungsvoll in Erinnerung habe…….
Nun sehe ich auf meinem großen Bildschirm, dass ihr nach einiger Suche vor dem Industrieteil der Marina von Santa Crus festgemacht habt. Leider ist damit die Vergrößerung am Ende. Ich kann Euch also leider nicht auf dem Boot erkennen……
Weiter alles Gute: NOCH NIE WAR ICH SO DICHT BEI EUCH IN DEN LETZTEN JAHREN WIE DURCH EUREN BLOG!
Vielen Dank.
Mit lieben Grüßen
Vater, Schwiergervater,Opa Peter