Wir liegen in einem sehr modernen Hafen, kaum 10 Jahre in Betrieb. Die Wohnbebauung wirkt europäisch und steht noch größtenteils leer. Die Marina Bouregreg, benannt nach dem gleichnamigen Fluß gehört zu den Prestigeprojekten des Königs Mohamad VI. Wir fahren mit einer neuen Tram für 60 Cent in die Stadt und begleiten Kristian zum Bahnhof. Wir müssen uns schon wieder verabschieden. Der Rückflug ist verlockend günstig und wir können nicht sagen, wann es mit welcher Welle weiter auf die Kanaren geht.
Rabat zeigt sich kulinarisch von seiner besten Seite: Tahine Pastillerien und zum traditionellen Couscous Essen am Freitag kommt Adlan unser Stegnachbar mit einer großen dampfenden Platte an Bord. Diese Köstlichkeit haben wir seiner Mama zu verdanken und überhaupt unterstützt Adlan mit vielen Tipps.
Ich bin zwiegespalten. Gewünscht, kann ich noch viel in der Stadt entdecken, mich in der Medina treiben lassen und auf den Plätzen abhängen, auch würde ich gerne noch mehr Fotos machen, doch es fehlt mir die Ruhe. Innerlich bin ich in Bezug auf die kommende Überfahrt auf die Kanaren nervös geworden, möchte sie am liebsten hinter mir wissen. Auch möchten wir mit der Überfahrt entscheiden, ob es noch weiter geht oder ob wir auf den Kanaren überwintern.
Wir treffen im Hafen eine große Anzahl Familien, die ebenfalls auf die Kanaren segeln wollen. Schnell sind wir zum Dinner verabredet, und weil es so schön ist, wird am nächsten Abend ein weiteres Restaurant besucht und der Nachwuchs veranstaltet auf unserem Boot eine Party. Das fühlt sich gut an :)) Wir beschließen die Überfahrt von rund 500 Seemeilen gemeinsam in einer Flotille von 8-9 Booten anzugehen.
Tag 1
Die Abfahrt in der Flotille gestaltet sich etwas holprig: für die Ausreiseformalitäten muss wiederholt der Zoll an Bord und wir müssen noch tanken. Doch am Morgen verabschiedet sich wiederholt die Bordtoilette und verlangt Aufmerksamkeit. Die Zeit rennt und als wir per Funk aufgefordert an den Zollsteg zu fahren, sind wir alles andere als zur Abfahrt bereit – keine Schuhe, keine Schwimmweste und das Frühstück steht noch vor uns. Der Zoll kommt und geht und auch der Tank ist wieder voll, doch leider sind wir unaufmerksam und werden beim Ablegen von einem vergessenen Festmacher schwungvoll wieder zurückgezogen. Enno stemmt am Bug seine Füße gegen die Pier und Martin manövriert uns wieder gefühlvoll zurück. Puuh – vor uns ertönt vom Lotsen direkt ein lautes yallah, yallah und wir werden wieder auf die See geführt. Keine Zeit zum verschnaufen und sorry, wieder kein Video 😉
Wir setzen die Segel und kommen vorerst gut voran. Wenn wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 Knoten segeln, können wir am Mittwoch in Lanzerote ankommen. Doch der Wind schläft ein und wir Motoren durch die Nacht.
Tag 2
Um 9.00 Uhr übergebe ich meine Schicht an Martin. Eigentlich wollen wir den Drachen segeln, doch statt Wind kommt Nebel.
Warten
Endlich, alles ist schon vorbereitet. Das Setzen des Drachen läuft schon richtig geschmeidig und schon bald werden wir durch die Wellen getragen. Trotz einer Wellenhöhe von 2.00 m und zwei anderen Wellen, die obenauf liegen, fahren wir relativ ruhig. Nachts ist es etwas unheimlich, kein Mond, wenig Sterne, nur die Gischt der Wellen lässt eine ungemütliche Suppe erahnen. Wir fahren den Drachen, wodurch wir relativ angespannt sind, aber eine maximale Geschwindigkeit von 13,5 Knoten erreichen.
Nach meiner Schicht lausche ich dem Sound:
Tag 3
Wir stehen mit den anderen über Funk in Kontakt. Eine Familie hat eine weniger windreiche Route unter Land gewählt und kämpft mit der Seekrankheit. Ein anderes Boot musste wegen einem gerissenen Fall ein 168 qm Segel aus dem Meer fischen. Auch wir sind immer wieder dabei Stresspunkte zu beheben, selbst nachts geht Martin aufs Vordeck und optimiert die Leinenführung. Auf keinen Fall möchten wir, dass sich irgendetwas aufreibt oder gar reißt. Die Liste der Reparaturen und Verbesserungen ist deshalb wieder lang. In der Vorbereitung der Reise haben wir mal gelesen „Segeln bedeutet, an den schönsten Plätzen der Welt sein Boot zu reparieren „.
Tag 4
Wir nähern uns Lanzerote und holen bei 16 Knoten wahren Wind die 170 qm Drachensegel ein. Die Kräfte im Tuch sind immens. Und das eingeübte Manöver mit Enno und mir im Cockpit und mit Martin und Lennard auf dem Vordeck geht nicht auf. Also muss Enno die Leinen alleine führen, der Autopilot steuert und ich hänge mich mit Lennard an das Fall, um die Hülle über den Drachen zu ziehen. Doch erst als wir zu dritt gemeinsam ziehen haben wir Erfolg. Das gibt uns wieder zu denken…
Aber erst mal feiern wir uns! Trinken den Sundowner schon mittags und geben unseren Gefühlen von Stolz und Rührung Ausdruck.