Tag 8 nach der Überfahrt und noch immer nicht da

Nun sind wir schon über eine Woche in der Karibik und sind gefühlt noch immer nicht angekommen. Was ist passiert?

Die ersten Tage waren in St. Lucia waren einigermaßen entspannt. Am Tag der Ankunft waren abends gut essen und vielen dann tot ins Bett. Caro und ich waren natürlich trotzdem früh wach, vielleicht wegen der Zeitverschiebung, die man auch auf dem Boot merkt oder einfach die senile Bettflucht. Der Tag wurde dem Bootputzen gewidmet. Caro unter Deck, Abdullah und Lennard duschten die salzwassergetauchten Segel, Korneel schrubbte das Deck. Ich war irgendwie bei allem ein bisschen dabei und begann parallel, die Kommunikation zur Außenwelt wieder aufzunehmen. Abdullah hatte unser Boot bereits verlassen, um in das lokale Hotel überzusiedeln (5* wie er sagt). Dorthin lud er uns dann nach geputztem Boot ein und wir hingen auf der Hotelterrasse ab, um Pizza aus dem Steinofen zu essen. Da es immer wieder regnete verzogen wir uns teilweise unter Sonnenschirme und spielten bis in die Dunkelheit Wizzard.

Für den nächsten Tag hatten wir uns Pause verordnet, was so halb klappte. Ich telefonierte mit meinen Freunden in Lanzarote bzw. Teneriffa, die uns das 2. Spiefall eingebaut hatten. Natürlich war keiner verantwortlich, jeweils der andere eventuell, aber sie selbst sicher nicht… . Natürlich ärgerte mich das und so schaffte ich es schlechte Laune und Anspannung zu diesem Thema zu konservieren. Diesmal ab mittags zu Abdullah auf die Terrasse bei der Poollandschaft, die, wie sich dann herausstellte, nur den Hotelgästen vorbehalten war. Anyway, wir aßen Pizza und spielten Wizzard. Nachdem Caro und ich uns aufgemacht hatten, um doch etwas vom Ort zu sehen, setzten Abdullah, Lennard und Korneel den Nachmittag mit intensiven und langandauernden Schachspielen fort. Der Ort, den Caro und ich entdeckten war eher kärglich aber es gab ein paar Häuser, die doch eindeutig karibischen Flair hatten. Bunte Hütten, Chicken & Fries aus einer Bretterbude mit ein paar Gartenstühlen, Bars mit Raggamuffin-Sound. Der Ausflug ging schon wieder an unsere physischen Grenzen, es war heiß und durch den ständigen Regen dazu schwül. Nachdem es gegen 18h schlagartig dunkel wurde, fanden wir noch unseren Weg zurück in die Marina. Die Marina in St. Lucia ist ziemlich groß und voll von ARC-Teilnehmern. Diese Atlantik-Ralley, bei der ca. 300 Boote mitfahren, teilweise im Regattamodus, teilweise einfach nur an der Gesellschaft anderer interessierte Cruiser.

Am folgenden Tag gab es wieder erste Aufgaben: Korneel bot sich an, in den Mast zu klettern und das Toplicht zu reparieren. Glücklicherweise war es nur die Glühbirne und glücklicherweise für mich wiegt Korneel nur 65kg und kann zudem klettern (es macht das Hochziehen erheblich leichter, wenn jemand dabei mit den Füßen unterstützt. Nachmittags fuhr Abdullah mit der Fähre in Richtung Martinique und wir raus in die Bucht vor der Marina. Irgendwie war uns die Marina zu voll, zu hektisch, zu laut, auch wenn wir natürlich die Süßwasserdusche. genossen haben. In der Bucht von Rodney Bay liegen ca. 200 Boote aber die Bucht ist groß. Es ist also kein Problem, einen Platz mit ausreichend Platz zu den Nachbarn zu finden aber es ist ziemlich anonym. Wir nahmen das Dingi in Betrieb, was die Überfahrt gut überstanden hatte und sich überhaupt nach den anfänglichen Querelen in Trogir als ziemlich widerstandsfähig entpuppte. Während ich das schreibe bekomme ich gleich Sorge, dass es nun bestimmt bald kaputt gehen wird – wir ihr seht bin ich noch nicht wirklich entspannt. In der Bucht war es dann eigentlich ganz nett, wir sprangen das erste Mal in das warme karibische Wasser und versuchten, ein paar Momente einfach mal nichts zu tun. Dabei half der Regen, der sich regelmäßig und von heftigen Böen begleitet über uns ergoss. Überhaupt war sehr viel Wind, was beim Ankern immer eine gewisse Anspannung mit sich bringt. Wir hatten ziemlich viel Kette draußen und daher dachte ich schon, dass der Anker hält. Trotzdem wurde ich nachts wiederholt wach und schaute besser mal nach. An Land tobte die National-Day-Party, begleitet von lautem Ragga-Sound. Durch den ablandigen Wind war das so, als ob ein mittelgroßer Standlautsprecher in unserem Cockpit stünde. Nachmittags viel es nicht so auf aber abends war es dann schon störend. Vor allem für Lennard, für den eine permanente Beschallung noch anstrengender ist.  Am nächsten Tag fuhren Caro und ich morgens an den Strand, um unsere Yoga-Praxis wieder aufzunehmen, was super war! Wir waren zwar nach fast 5 Wochen Pause und Bootfahren extrem steif aber um so größer war der Effekt. Nachmittags dann unsere erste touristische Aktivität: Mit dem Dingi zu den beiden Hügeln am Ende der Bucht, auf der ehemals englische Soldaten nach französischen Soldaten Ausschau hielten. Und wahrscheinlich nach Piraten. Lennard zog es vor, auf dem Boot zu bleiben und Korneel verließ uns nach dem Ausflug, ebenfalls mit der Fähre nach Martinique.

Plötzlich wieder zu dritt an Bord drohten wir, in alte Dynamiken zu verfallen. Lennard wollte spielen (Schach, Wizzard, Skat oder was auch immer), Caro und ich hatten tendenziell immer irgendetwas sinnvolles zu tun oder gar Ausflüge im Kopf. Vielleicht war es auch einfach die immer noch vorhandene Anspannung, die sich entlud und dazu führte, dass wir uns gleich mal heftig stritten. Keine Ahnung mehr worüber.

Nach einem weiteren Tag mit Yoga, Regen und Ragga vom Strand beschlossen wir, uns in Richtung Martinique aufzumachen. Im Reiseführer dann ein Schreck: Angeblich müssen Boote in Martinique EU-versteuert sein, da Martinique ja Frankreich ist. Wir dachten, dieses Thema nun seit den Kanaren hinter uns zu haben und waren sofort aufgeschreckt. Wir wollten Ruhe und keine neuen Stressfaktoren… . Also mit dem Dingi zur Marina, um im Internet zu recherchieren. Es wurde relativ schnell klar, dass sich der Reiseführer irrte und die MwSt für uns kein Thema ist. Trotzdem erst einmal Aufregung und ein blödes Thema. Ach ja, parallel weiter die Auseinandersetzung mit der Teneriffa-Connection zum Thema Spi-Fall, diesmal unter Einbeziehung eines Rechtsanwaltes und der Versicherung.

Am nächsten Tag dann los nach Martinique. Dort kann man angeblich super einkaufen und sich für die weiteren Karibiktörns vorbereiten. Zudem kommt ja Enno am 23.12. in Martinique an.

Der kurze Sprung rüber, es sind nur 25nm, entpuppte sich als etwas aufregender als geplant. Kaum waren wir aus der Rodney Bay raus bekamen wir den Passat mit 25-30kn und 3m Welle zu spüren. Diesmal schräg von vorn, so dass der scheinbare Wind konstant über 30kn blies. Auch wenn wir mit etwas Großsegel schneller gewesen wären, entschieden wir uns dafür, nur mit einer leicht gerefften Genua zu fahren. Wir hatten sogar kurz überlegt, das ganze Abzublasen und zurück in unsere Ankerbucht zu fahren aber irgendwie fahre ich einfach nicht gern zurück.

So stand ich 4h am Steuer während Caro und Lennard das erste Mal etwas mit Seekrankheit zu kämpfen hatten. Nicht schlimm aber einfach extrem ermattend. So lagen beide zeitweilig am Boden des Cockpits, darauf wartend, dass dieser kurze heftige Ritt schnell vorbei ginge. Am frühen Nachmittag dann die Erlösung und wir fuhren in die Bucht von Le Marin, dem Yachtzentrum Martiniques. Was das heißt war dann auch schnell zu sehen. In einem ersten Ankerfeld lagen ca. 300 Yachten, weiter innen in der Bucht noch einmal ca. 1000 Yachten in zwei großen Feldern.. In der eigentlichen Marina dann noch einmal 830 Boote. In den Ankerfeldern war das Bild sehr gemischt. Alte, teilweise gesunkene Yachten inmitten von neuen und schicken Ozeanüberquerern. Viele schienen dauerhaft hier zu liegen und nicht alle waren bewohnt Wir suchten also einen Parkplatz bei nach wie vor starkem Wind und waren froh, irgendwo zwischen vielen Booten fest vor Anker zu liegen. Das ganze fühlte sich eher an, wie ein französischer Autobahnparkplatz. Im Hintergrund Neubauwohnanlagen und eine nicht enden wollende Masse an Fahrzeugen.

Abends erst einmal nichts mehr machen. Am nächsten Tag begann das Programm: Kohlebürsten für den Lüfter im Motorraum besorgen, neues Navilicht besorgen und eine Edelstahlbude finden, die uns einen Halter dafür anschweißt. Dazu die tollen Supermärkte auschecken, wo wir uns mit Proviant eindecken wollen.

Leo in Martinique

Dieses Programm begleitet uns nun seit 3 Tagen, der Edelstahlhalter ist angeschweißt, 28kg Wäsche sind gewaschen, das Navilicht ist besorgt, der Ring am Schlitten der Genua-Baum-.Schiene ist geschweißt und wir haben mit mindestens 10 Läden bzw. Menschen über Lüfter und Kohlebürsten gesprochen. Inzwischen sind auch Opa Manfred in Berlin und Peter im Allgäu mit am Start, um diese kleinen widerborstigen Bürsten in die Karibik zu schaffen.

Nun ist es gleich 9.00h und wir müssen unseren Parkplatz vor der Edelstahlfirma räumen. Dann noch schnell Ankern, mit dem Dingi zum Supermarkt und das Boot mit Wasser, Cola, Bier, Milch usw vollräumen. Die Supermärkte sind lange nicht so gut, wie wir uns das vorgestellt hatten aber wir glauben mal den anderen Bootsfahrern, die sagen, dass es in den anderen Inseln viel schlechter aussieht. Dann raus aus dieser Parkplatzbucht und eine ruhige Bucht suchen. Und die Beine hochlegen. Und endlich ankommen!

Ach ja: Der Bart ist ab!

Erstens wird es langsam komisch beim essen und zweitens brauche ich wieder einen frischen Impuls!

2 Antworten auf „Tag 8 nach der Überfahrt und noch immer nicht da“

  1. Hi Martin, Carola, Lennard, and Enno!

    Glad to see you’re doing well and arrived good in Martinique. Seems you picked up a strange beardless man along the way 😉 All the best wishes and good health for 2020, we’re doing fine here in rainy Belgium, Jill, me, and the little baby 🙂

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