Eigentlich wollte ich gestern schreiben aber als just als ich die Überschrift getippt hatte kam die Nachricht, dass Antigua ab dem 2.4. eine totale Ausgangssperre verhängt habe. Das hat mir die Laune und damit die Lust auf Blogschreiben verhagelt.

Eigentlich wollte ich nämlich schreiben, dass es uns hier sehr gut geht. Wir liegen in Farmouth Harbour, einer großen Bucht unweit von English Harbour, wo mit Nelson´s Dockyard ein Weltkulturerbe vom militärischen Hafenleben im 18. Jh zeugt. Glücklicherweise waren wir noch rechtzeitig im dortigen Museum wovon ich 2 Erkenntnisse mitgenommen habe:
- Die Engländer haben Antigua für die Akklimatisierung der Soldaten genutzt. Da das Klima hier nicht so feucht und nicht so heiß ist, wie auf anderen Inseln ist es insgesamt viel angenehmer. Dass zwischen 1794 und 1796 doch 40.000 Soldaten und Seeleute in der Karibik gestorben sind und weitere 40.000 so krank waren, dass sie nicht mehr arbeiten konnten hatte sicher eher mit der Rumration von 250ml zur Mittagszeit zu tun als mit dem Klima. Es sind wohl tatsächlich mehr Leute auf Grund alkoholbeeinflusster Unfälle gestorben als auf Grund v on Kampfhandlungen… .
- Die Engländer nutzten English Harbour, um sich vor Hurricances in Sicherheit zu bringen. Die Buchten hier waren so gut geschützt, dass Schiffe intakt blieben während andernorts viele sanken.
Die Messages haben mir gefallen, offensichtlich haben wir mit Antigua keine schlechte Wahl getroffen! Und tatsächlich haben wir um die 27° Lufttemperatur und 27° Wassertemperatur, mal Sonne mal Wolken und nur selten Regenschauer. So kann man den Virus aussitzen! Aber weg von allgemeinen Infos zu uns. Was machen wir hier eigentlich den ganzen Tag? Ich gebe euch mal ein Beispiel eines Tagesablaufs.
Im Moment beginnt der Tag gegen 07.00h wenn sich Caro und ich im Salon treffen, wo der/die, die zuerst dort ist Kaffee macht. Wir nutzen dazu eine kleine Espressomaschine, die man auf den Gasherd stellt. Mit dem Kaffee in der Hand lesen wir Nachrichten auf dem Smartphone und verfolgen, was in der Welt passiert. Wir freuen uns auch, wenn wir links zu guten Beiträgen bekommen. Gegen 08.00h fahren wir zum Strand, wo wir die Crews von „SY Walter“ und „SY Oktant“ treffen, zwei deutsche Boote, die mit Morgensport angefangen haben. Heute haben wir auch die Crews von „Recipe“ (UK) und „Moonfleet“ (Canada) dabei und Caro und ich habe eine Yoga-Session angeleitet. Das Programm variiert etwas aber Caro und ich verfolgen sehr begeistert unsere Yogaübungen. Gestern habe ich festgestellt, dass ich z.Zt. so beweglich bin, wie wahrscheinlich noch nie im ausgewachsenen Zustand 😊. Wenn wir zurück an Bord kommen, gibt es Frühstück. Manchmal haben Enno und Lennard schon mit dessen Vorbereitung angefangen, oft machen es Caro und ich. Dabei essen wir Müsli bzw. Porridge mit Obst oder aber Eier mit Speck. Alles soweit vorhanden, manchmal gibt es auch Baguette aber Brot ist insgesamt selten. Wir haben auch noch einige Scheiben vom Schwarzbrot aus der Dose, was uns meine Mutter fürsorglich mitgegeben hatte. Vielen Dank dafür, es war eine willkommene Abwechslung. Nach dem Frühstück waschen die ab, die kein Frühstück bereitet haben. Dabei freuen wir uns gerade, dass wir in dieser Bucht einfach Süßwasser mit einem Kanister zum Boot schaffen können, d.h. Abwaschen mit Süßwasser!!! Das ist super, denn wenn man zu lange nur mit Salzwasser abwäscht entsteht ein Schierfilm, der nicht mehr so recht weggeht. Das Abwaschen mit kaltem Salzwasser macht einfach keinen Spaß. Entsprechend ist eine Sorge, dass die Wasserversorgung schlecht wird, wenn wir hier eine Ausgangssperre bekommen… . Aber dazu später mehr.
Gestern gings dann weiter mit Schnorcheln im Hausriff, wo man allerlei bunte Fische sieht. Andere sehen große Barracudas und Lobster, Caro sieht Kofferfische, ich sehe viele kleine bunte Fische… . Enno und Lennard machen nach dem Frühstück meist etwas Schule. Enno eh, da er dien Stoff der 7. Klasse ja irgendwie aufsaugen muss und inzwischen auch Lennard, der sich mit Hilfe eines Mathebuches auf den Einstieg in das Kurssystem vorbereitet.

Dann kommt im Moment der soziale Teil: Lennard und Enno machen irgendetwas mit den Nachbarteenagern, einer Gruppe von neun 13-18-jährigen aus England, Kanada und den USA. Zum Leidwesen der beiden besteht die Gruppe aus reinen Native-Speakern und spricht entsprechend schnell und undeutlich. Nicht ganz einfach, da in der Gruppe alles mitzubekommen. Anyway, wir haben großes Glück gerade jetzt eine so große Gruppe von Teenagern um uns herum zu haben. Eine Spezie, die bei Seglern echt selten ist. Die meisten Segler sind ältere Paare oder Familien mit kleinen Kindern. Caro und ich sind parallel dazu einkaufen gefahren und haben uns in die Schlange des lokalen Supermarktes eingereiht. Ich merke dabei, wie sehr wir hier angekommen sind: Hätte ich den Supermarkt vor einigen Monaten als spärlich und teuer empfunden freue ich mich heute, was wir alles für kaum 300€ bekommen haben 😊.
Irgendwann während des Tages hatten wir auch noch leckere Nudeln zu Mittag gegessen, jetzt fahren wir noch einmal zum Hafen, wo wir unsere Kanister mit ca. 80l Trinkwasser füllen. Auf dem Rückweg werden wir von der Recipe-Crew zum Sundowner eingeladen. Collin ist englischer Sterne- und Fernsehkoch und zusammen mit seiner Frau Bex sind sie perfekte Gastgeber. Mit ihren drei Töchtern leben sie auf einer Lagoon 560, einem Katamaran, dessen Grundfläche mir nur unwesentlich kleiner vorkommt als die unseres Hauses in Berlin… . Der Katamaran ist sicher nicht das eleganteste Segelboot aber der Komfort ist unglaublich. Eine riesige Sitzgruppe als Terrasse, eine weitere einen Stock höher, eine große offene Küche im Salon dazu 6 Kabinen. Wenn ich mal ne Mio übrige habe, kaufe ich mir auch sowas 😊. Auf jeden Fall haben wir einen netten Abend mit den Eltern der Teenager während die Kinder sich auf der großen Trampolinfläche auf dem Vordeck des Kats amüsieren. Mir fällt schnell auf, dass wir kein Abendbrot gegessen hatten wodurch die Sundowner-Biere schnell zu großer Heiterkeit führen.

Um 20h werden Lennard und ich nervös. Schließlich sind wir deutsch und wir wissen, dass ab 20h die nächtliche Ausgangssperre greift. Auch wenn wir beschließen, das nicht so päpstlich zu nehmen sind wir nicht mehr so entspannt und brechen bald auf. Die Kanadier sind relaxter, die Britten sind ja eh schon zuhause. Die anderen Deutschen sind auf ihrem Boot geblieben, die maximal erlaubte Gruppengröße von 10 Personen hatten wir eh schon überschritten.

Die Tage vergehen schnell, wir gehen selten spät ins Bett. Am Sonntag haben wir im Sinne des Heimatgefühls den Tatort gestreamt, der leider in der Mitte abbrach, da meine 10GB Simkarte schon wieder erschöpft war ☹. 10GB kosten hier 40EUR und durch die Einrichtung eines Hotspots für die Familie sind die recht schnell weg. Inzwischen haben wir alle mit eigener Datenkarte ausgestattet und damit auch den Streit, wer schon wieder so viel verbraucht hat aus der Welt geschafft.
Dies also ein Einblick in unseren Alltag. Keine aufregenden Geschichten und das wir auch erst einmal so bleiben. Ab morgen herrscht Ausgangssperre, d.h. wir dürfen das Boot nicht mehr verlassen. Als nix mit Yoga am Strand und Parties auf dem Nachbarboot. Immerhin dürfen wir vormittags noch für 3h in den lokalen Supermarkt, was mich sehr freut. Denn das heißt wir haben ausreichend nette Sachen zu essen und wir können weiter Süßwasser holen (hoffentlich). Das macht viel Lebensqualität für uns aus. Vielleicht können wir dann ja auch mal heimlich zu den Nachbarn schwimmen oder gar zum Strand. Riskieren wollen wir allerdings auch nichts, denn was wir auf keinen Fall wollen ist, dass sie uns aus Antigua rausschmeißen. Ach ja, eine kleine Anekdote aus der Marina: Der Kollege dort erzählte mir, dass sich die Superreichen hier in Sicherheit bringen. Eine Familie hat die Yacht „Enjoy“ gemietet, um sich damit 7 Wochen hier zu isolieren. Für nur US$500.000 die Woche! Also wir sind dort, wo sich die Superreichen in Sicherheit bringen. Ist doch nen gutes Gefühl, oder?
Jetzt geht es los zur letzten Strandparty vor dem Einschluss. Wir wagen es, mit Eltern und Kindern in einer Gruppe von 17 Personen anstatt der erlaubten 10 zu feiern. Vielleicht bilden wir zwei Grüppchen. Über die weiteren Perspektiven schreibe ich aus der Bootszelle, dann haben ich bestimmt auch Zeit diesen Artikel mit Bildern zu ergänzen.
Wir denken an euch in der Heimat und hoffen, dass ihr gesund seid und einigermaßen mit der Situation zurecht kommt. Alles Liebe aus dem Paradies!
Liebe CELM-Crew,
Schön von euch zu hören und vielen Dank für den Ein- und Ausblick in den Paradies-Alltag in Zeiten wie diesen-mitten in den Corona-Krisen. Es freut mich zu hören, daß Ihr dort in English Harbour/Antigua gut aufgehoben seid und euch in der Segler-Community gegenseitig unterstützen könnt. Ich hatte mir -angesichts der verschiedenen Artikel auf Yacht-Online über verzweifelte `Blauwassersegler´ , die jetzt nirgends mehr an- und hinkommen dürfen- schon echte Sorgen um euch gemacht. Auch scheint die Versorgungslage vielleicht beschwerlicher, aber dennoch sichergestellt. Hier in Berlin haben uns die Einschränkungen schon länger fest im Griff. Es gibt zwar keine Ausgangssperre, aber eine Kontaktsperre, die die Bildung von Menschengruppen -zumindest in der Öffentlichkeit- untersagt. Schon komisch, wie folgsam auch die Hardcore-Kreuzberger sich mit Mundschutz und Mindestabstand aus dem Weg gehen -die meisten zumindest. Die Bilder von dem karibischen Alltag machen zumindest wettertechnisch schwer neidisch. Ich bin gestern mit dem Rad auf dem Heimweg in einen Schneeschauer geraten – ehrer naß und kalt mit schlechter Sicht wegen verschneiter Brille. Ein kleiner Einblick aus unserem Alltag gefällig? Wir organisieren unseren Alltag immer tageweise voraus. Im Gegensatz zu vielen Menschen, die bereits auf Kurzarbeit sind oder komplett aus dem buisness geworfen sind, hat Christiane viel zu tun. Betreute werdende Mütter meiden die Krankenhäuser, nicht nur, wegen des strikten Besucherverbotes …. viele Arztpraxen sind überfordert oder laufen im NOT-Modus, sodaß auch hier Christiane vermehrt gefragt wird …. es gibt einen Notfallplan für medizinischen Personal, daß evtl. in Krankenhäuser einberufen wird …. ich habe eine Art `Passierschein´ ausgestellt vom Büro -der aber noch nicht notwendig ist. Dit Büro mit fester Krankenhausexpertise hat in Berlin gerade mehrere Krankenhausprojekte und stemmt mit Vivantes das neue Corona-Krankenhaus in Halle 26 auf dem Messegelände … wohl aber nicht in zwei Wochen wie in Wuhan. Der Alltag pendelt sich so zwischen home-schooling, Arbeit, home-office, Kinderbetreuung und einkaufen ein. Unsere Kinderbetreuung -selber 17 jährige Schülerin- hat jetzt auch viel Zeit und und hilft sehr den Alltag zu organisieren. Ich höre von Kollegen ähnlich chaotische Familiengeschichten, sodaß wir uns sicher sind, daß die Eltern die ersten sind, die einen Impfstoff entwickeln, wenn die Schulen noch länger geschloßen bleiben. Ich persönlich leide darunter, daß unser kleines Segelboot auf erstmal nicht in´s Wasser kommt – dabei hatte ich mir bereits ausgemalt über Ostern auf der leeren Unterhavel bei frischer Luft segeln zu gehen, wenn alle Anderen zu Hause gebunkerte Dosenravioli essen 🙂 Vor einiger Zeit haben wir für die Herbstferien eine 45-Fuß Bavaria in Trogir gechartert. Ich hoffe, daß sowas im Oktober wieder machbar sein wird. Lustigerweise sieht man auf den Bildern der Charterfirma im Hintergrund eure LEONARDO III liegen. Die Bilder der Charterfirma sind zwar nicht tagesaktuell-aber zumindest `handgemacht´ und nicht aus einem Herstellerprospekt geklaut … letztens haben wir mit der ganzen Familie in der Wohnung ein Wochenende segeln auf einem 45-Füßer gespielt. Von der Küchenwand -Heck des Schiffes- durch das Wohnzimmer bis in den Erker mißt das Schiff 11,80 m LüA, mit Klebeband habe wir die seitlichen Begrenzungen des Rumpfes markiert, mit Matratzen die Kojen bezogen, der Salon mit dem Esstisch wurde nachts umgebaut , Pantry und Steuerstand wurde achtern in der Küche integriert. Wir haben das Schaff das ganze WE -bis auf die Badnutzung- nicht verlassen. Wir hatten herrlich ruhige Ankerplätze, trocken und warmes Wetter, moderaten Wind – sind aber nicht so gut vorangekommen – leider hat das Badevergnügen beim Sprung außenbords auch auf sich warten lassen ….
Bilder haben wir keinen gemacht – wir träumen uns dann eher in die Eurigen. Besonders gefällt mir das mit den fünf Schlauchbootdinghis am Heck des Kats. -Doch wohl ein größeres Schiff.
Martin´s Kommentar zu den Superreichen kann man angesichts Superyachten der Google-Maps-Satelitenbilder eurer Bucht schon gut nachvollziehen.
Auch wir denken an euch und wünschen viel Kraft und Stärke für eine kreative Zeit. Wir freuen uns auf Neuigkeiten aus dem Paradies.
Grüße aus der kalten Heimat.
Hey Stefan, Bavaria 45 in der Küche klingt super! Kam sie euch da groß vor? Oder eher klein im Verhältnis zur Wohnungsgröße?
Ich bin sehr froh über die Größe, kleiner wäre nicht gut auf dir lange Zeit. Auch die vier Kabinen wo jeder seinen Rückzug und sein eigenes Reich hat sind (meist) Gold wert.
Ich drück euch die Daumen für Kroatien im Herbst. Das ist normalerweise super, da ziemlich leer und Wasser noch warm.
LG, Martin
Das sind ja mal nicht nur tolle Geschichten aus Antigua, sondern auch aus Berlin. Hab ich gerade nicht so zu bieten, ausser, dass Nuria nach EINER Woche etwas wimmernd gesagt hat, dass Sie nie geglaubt hat, dass sie sich die Schule zurück wünscht.
Ja, Stefan, recht haste, glaube auch die spritzen sich den Impfstoff zuerst.
Frage mich immer noch, wo der Aprilscherz in Eurem Text war.
Am absurdesten fand ich jedenfalls die internationalen Communities mit unterschiedlichen Regelungen.
Es geht also wirklich Nationalität vor Regelung vor Ort????
Das wär ja wirklich verrückt.
Na gut, ich steige jetzt mal aus meinem Pool im Badezimmer und segle ins Büro mit Passierschein, wo ich wohl die einzige in einem 5-stöckigen Gebäude sein werde. Eigentlich sicherer als zu Hause.
Seid gedrückt und macht mal nen Foto von Yoga auf dem Boot oder noch besser im Supermarkt.