Rodney Bay III und Le Marin

Da sind wir wieder, Rodney Bay in St. Lucia! Hier sind wir am 13.12.2019 nach den 23 Tagen Überfahrt gelandet. Wir liegen in der großen Bucht, diesmal ohne Regen und auch die nächtlichen 30kn Wind lassen uns inzwischen entspannt. Wir wissen, dass der Anker hält, der Boden ist sandig und es gibt reichlich Platz zum nächsten Boot. Warum also nervös werden? Hier haben wir auch unser 2. Dingi gekauft, was uns sehr ans Herz gewachsen ist. Das Boot ist riesig, 3,60m lang und hat einen 2. Boden, d.h. über dem V-förmigen unteren GfK- Boden ist ein 2., der waagerecht ist. Das bringt viel Bequemlichkeit mit sich, mehr als ich vorher gedacht hätte. In der Dusche hatte ich ein Dejavu: Ich weiß noch, wie wir uns nach der Überfahrt auf eine Dusche gefreut hatten, 23 Tage ohn richtige Dusche… . Während ich also unter dem eher kläglichen Wasserstrahl stand fragte ich mich, wann ich denn das letzte Mal geduscht hatte. Nach einigem Überlegen kam ich drauf, es war genau hier! Am Tag des Dingikaufs. Uns das war am 6.1.! Und das ist 36 Tage her! Wow, es ist unglaublich, wie anders sich das anfühlt. Wir haben uns an ein Leben ohne Dusche gewöhnt und das jetzt war jetzt zwar ganz nett aber hatte bei weitem nicht den Erlebniswert, wie nach den 23 Tagen der Überfahrt. Nicht das ihr denkt wir waschen uns nicht. Wir baden jeden Tag im Meer und es gibt ja auch noch Waschlappen und wir duschen uns mit Süßwasser ab. Viel mehr gefehlt haben uns om dem Grenadinen  die mangelnden Einkaufsmöglichkeiten. Es gibt sehr wenig zu kaufen und was es gibt, ist sehr teuer. Entsprechende Wertschätzung hat erfahren, was wir noch an Bord hatten. So wurde aus einer Tüte Karamelbonbons, die wir in der Notfalltasche hatten ein großer Schatz, der abendlich zugeteilt wurde und der kreativ verfeinert wurde. Ein Brocken Sahnekaramell bietet die Basis für 4 Tofifee-ähnliche Pralinen, wenn man ihn in Streifen schneidet und mit einer Mandel sowie etwas Salz garniert. Köstlich!

Inzwischen ist der 22.2. und wir sind schon wieder einige Schritte und Inseln weiter. Von St. Lucia brachen wir mit gemischten Gefühlen in Richtung Le Marin auf Martinique auf. Hier hatten wir ziemlich unangenehme Erfahrungen beim ersten Besuch gesammelt, der Ort ist einfach nicht schön und auch die Einkaufsmöglichkeiten erschienen uns lange nicht so gut wie oft berichtet.

Aber auch hier hat sich unsere Wahrnehmung geändert! Inzwischen schocken uns die vielen Wracks nicht mehr und wir wissen einigermaßen genau, wo wir gut ankern können. Der viele Regen, gerade beim Einlaufen und Ankern nervt zwar aber auch das haben wir dieses Mal gut abgepasst. Der Leaders Price, eine Art französischer Lidl ist ein Schlaraffenland verglichen mit all dem, was wir auf den anderen Inseln gefunden hatten und für nur 560 EUR verwandeln wir unser Boot wieder in ein schwimmendes Delikatess-Restaurant. Um den Schaden am Rigg reparieren zu lassen, gehen wir für 3 Tage in die Marina, was uns allen gut tut. Marina bedeutet Unabhängigkeit, jede(r) kann allein und wann immer er/sie möchte das Boot verlassen, zur Dusche gehen, einkaufen gehen, was auch immer. Das hatten wir ca. 6 Wochen nicht und das tut gut. Selbst die Restaurants kommen uns nach den Erfahrungen in St. Vincent und den Grenadinen nicht mehr teuer vor und dafür gibt es vernünftiges Essen! Also genießen wir das, was uns vormals unangemessen erschien und finden Le Marin gar nicht mehr so schlimm 😊. Die Arbeiten am Rigg klappen gut, es gibt die benötigten Ersatzteile und kompetente Leute für deren Installation. Dass wir die Rolle im Mast für das Fall des Drachensegels nicht ersetzt bekommen, der Motor der Badeplattform nicht repariert werden kann, Lennards Duschpumpe defekt bleibt und der Edelstahlschweißer, der den Hydrogenerator reparieren sollte pleite gemacht hat, nehmen wir gelassen hin. Keiner hat wirklich damit gerechnet, dass wir diese Dauerbrenner gelöst bekommen. Wir leben schon lange damit und haben uns damit arrangiert. Und irgendwelche Probleme müssen wir uns ja auch für kommende Marinas aufheben. Was mich allerdings schmerzt ist, dass wir nach dem dringend erforderlichen Süßwasserwaschen des Drachensegels ein weiteres Loch entdeckt haben. Ich will nicht ausschließen, dass dieses bei der Waschaktion selbst entstanden ist aber darüber nachdenken und sich ärgern hilft auch nicht weiter. Wir werden eh nicht mehr viel Rückenwind haben und damit ist entschieden, dass wir das Segel nicht mehr aus dem Sack holen. Vielleicht schicken wir es ja sogar vorab nach Deutschland, um es dort reparieren zu lassen und an den nächsten Atlantiküberquerer zu verkaufen.

Ich glaube unsere Versöhnung mit Le Marin zeugt auch für unsere insgesamt entspanntere Stimmung. Das erste Mal Le Marin war frisch nach der Überfahrt und wir wahren noch voll der Anspannung. Alles war anstrengend, alles war wichtig, ernst und mühsam. Heute ist nicht mehr alles so wichtig und wir bemühen uns, entspanntere Zeitpläne aufzustellen und Zeit für Genuss zu behalten.

Die Weiterfahrt war dann doch recht sportlich getacktet, obwohl es schon der entspannte Zeitplan war. Wir fuhren morgens in der Marina los wobei uns starker Seitenwind mit dem Heck in die Mooringleine des Nachbarns trieb. Lennard assistierte im Dingi und drückte mit dessen Nase seitlich gegen unser Heck bis wir wieder unser Ruderblatt wieder leinenfrei hatten. Vielleicht nicht die eleganteste Methode aber sie hat funktioniert und es hat nichts weiter Schaden genommen. Den Dingi Motor haben wir dann frei in der engen Bucht treibend wieder an Bord genommen und das Dingi selbst mit zwei Leinen hinten am Boot befestigt. Ich hatte dann die tolle Idee, schon in der Bucht Segel zu setzen. Zum einen, weil wir es nun doch eilig hatten, zum anderen, weil in der Bucht keine Wellen warten. Binnen 5 Minuten war die ganze Mannschaft wach… . Erst in den Wind, um das Großsegel zu setzen. Kaum war das draußen stellte ich fest, dass ich es auch mit Motor nicht schaffe abzufallen und wir recht schnell in Richtung Sandbank fahren. Also sofort die Genua raus, jetzt aber ganz schnell. Dann Großsegel auffieren und nun gelingt es, abzufallen. Allerdings müssen wir jetzt auch gleich Halsen also sofort das Großsegel wieder dichtholen, Halsen und zwischen den Kitesurfern durch in der Fahrrinne bleiben. Auch hier ist nichts passiert, alles hat geklappt aber aus der geplanten entspannten Abfahrt im lockeren Zeitplan wurde doch eine hektische Aktion mit einem aufgeregt rumschreienden Skipper. Also fürs Logbuch: Wenn wir noch einmal nach Le Marin kommen, nicht in der Bucht die Segel setzen!

Nun aber zum schönen Teil: Der Grund für unseren Zeitdruck war ein älteres französisches Ehepaar, was in Anse de Arlet auf uns wartete. Und zwar mit einem Kite, den sie vor ca. 2 Wochen in leboncoin.fr inseriert und für uns aufgehoben hatten. Die beiden waren dann auch 5 Minuten nach unserer Ankunft da, brachten uns einen aus unserer Sicht neuwertigen Kite zum Strand, wo Enno und ich unser fachkundiges Auge darauf werfen konnten. Naja, wir haben ja keine Ahnung aber das Ding sah gut aus, schien wenig gebraucht und die beiden machten einen vertrauenswürdigen Eindruck. Und eine Alternative hatten wir auch nicht, also das Teil muss gut sein! So, jetzt haben wir also einen Kite und auch wenn heute der Wind eingeschlafen ist, werden wir zumindest das Board als Wakeboard einweihen! Es ist schade, dass Peter nicht diesen entspannteren Teil der Reise mit uns teilen konnte und gemeinsam mit uns das neue Prachtstück einweihen kann aber wer weiß, vielleicht ergibt sich ja noch eine Gelegenheit!

Im Norden Martiniques trafen wir dann Vesna (Australien) und Otoka (Canada) wieder, mit denen wir und vor allem die Kinder viel Zeit in Lanzarote verbracht hatten. Vesna hat zwei Jungs, die 13 und 16 sind, weshalb Enno und Lennard sehr darauf gedrängt hatten, das Boot wieder zu treffen. Gestern sind wir dann gemeinsam in einem ziemlich sportlichen Ritt von Martinique nach „Isle de Saints“ kurz vor Guadeloupe übergesetzt. Um 05.30h haben wir noch im Dunkeln den Anker gehoben, um dann mit Motor, Segel und meistens sogar Motor+Segel Strecke zu machen. Es fühlt sich schon etwas komisch an, wenn man bei 12kn Wind noch den Motor dazuschaltet, weil man mindestens 6kn fahren will aber es macht einfach einen großen Unterschied, ob man im Dunkeln in einer fremden Bucht ankert oder eben vor Sonnenuntergang. Die kleine Flottille bestehend aus Vesna, Otoka, Hope (Australien) und Avanti (Holland) war da auch sehr einig und so rasten wir an Domenika vorbei in Richtung Guadeloupe. Als ich heute morgen aus dem Cockpit schaute sah ich dann auch noch Wildest Dreams neben uns, die einen Tag nach uns in Le Marin gestartet sind und die ganze Strecke in einem Ritt hinter sich brachten, um heute morgen um 03.00h hier zu ankern. So ist also die Lanzarote-Crew wieder komplett und vor allem die Kinder freuen sich über diese Ansammlung von immerhin 10 Kindern zwischen 10 und 16 Jahren.

Auf Guadeloupe wollen wir dann auch ein paar Tage bleiben: Wandern, Carneval feiern, Tauchen und natürlich den neuen Kite testen! Oder besser gesagt uns am neuen Kite testen 😊.

2 Antworten auf „Rodney Bay III und Le Marin“

  1. Na, Ihr Geniesser, das hört sich doch alles gut an. Freu mich für Euch, vor allem über gutes, vielfältiges, erschwingliches Essen und so tolle Gesellschaft, das kann ich gut verstehen. Ist aber auch interessant, wie sich der Blick auch manche Dinge ändert, die vorher genau gleich waren. Gilt das eigentlich auch für Lennard und Enno?
    Ich hab langsam den Überblick verloren, von nach wo ihr Euch bewegt. Wie wärs mal mit nem Routenverlauf auf ner Karte? Nur so ne Idee für Stunden der Langweile. Gibts die überhaupt? Na ja, vielleicht könnt ihr es ja auch in den Geo-Unterricht einbauen. Wie Schule auf dem Boot funktioniert kann nich mir ja auch überhaupt nicht vorstellen.
    Ich treibe in der Zwischenzeit in der Charlottenburger Badewanne hinter Euch her und wenn man Euren Blog gelesen hat und die Augen schliesst, ist man eigentlich so gut wie in der Karibik.
    Ich setze jetzt den Waschlappen zum Segel.
    Ahoi, Niki

  2. Lieber Martin,
    endlich wieder Nachrichten von Euch.
    Ich bin dann mit Euch verbunden und freue mich, über Carolas und Deine Berichte.

    „Ich glaube unsere Versöhnung mit Le Marin zeugt auch für unsere insgesamt entspanntere Stimmung. Das erste Mal Le Marin war frisch nach der Überfahrt und wir wahren noch voll der Anspannung. Alles war anstrengend, alles war wichtig, ernst und mühsam. Heute ist nicht mehr alles so wichtig und wir bemühen uns, entspanntere Zeitpläne aufzustellen und Zeit für Genuss zu behalten.“ Das ist ein überzeugender Gegensatz zum „Aufbruch unter Segeln“, der dann folgt. Es wir immer irgendetwas geben, das habt ihr erfahren und ich erlebe es mit. Wenn ihr das gelassen nehmt und schnell wieder „runterkommt“ , dann ist das schon fast Genuss…

    Spannend ist hier im Mikrokosmos der Umgang mit Parkplätzen und den gelegentlichen Fahrten durch die voll Stadt. Diese so sagt heut rbb-Info hat mehr als Sonntagsverkehr, da anlässlich der Berlinale ein verkaufsoffener Sonntag gewährt wird. Ab heue gilt das Mietendeckelungs-Gesetz – CDU und FDP wollen vor die Verfassungsgerichte. Letztere wird an der heutigen Wahl in Hamburg wenig Freude haben. Dort gibt es traditionelle Verhältnisse, SPD und Grüne wahrscheinlich weiter an der Regierung, CDU und FDP schwach, letztere vielleicht nicht mehr in der Hamburger Bürgerschaft. Kein Zittern vor dem weiteren Erstarken der AFD dort.
    Dann der Coronavirus hier unbedeutend, alle Menschen kommen hier aus aus der Quarantäne in einem Köpenicker Krankenhaus frei, aber in Norditalien (Lombardei/Veneto) sind viele Menschen infiziert, zwei gestorben und 50.000 dürfen ihre Orte/Städte nicht verlassen, dort sind Schulen, Unis, Sportstätten geschlossen.

    Nach diesem Blick auf Kleineuropa wieder zu Euch. Der Kite ist eine neue Herausforderung…möget ihr sie fröhlich bestehen.

    Jetzt werde ich mir Eure Route in Google-Earth ansehen und bin gespannt, wie es weitergeht, auf dem und mit dem Boot, dem Kite und Euren Entdeckungen auf dieser und en nächsten Inseln.

    Liebe Grüße
    Dein Vater, auch Opa und Schwiegervater

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